7. Die Thermen

Die öffentliche Bäderanlage des Vicus

Schon bei Bauarbeiten in den Jahren 1962 und 1978 fanden sich in der ‚Hossegaass’ Hinweise auf gut erhaltenes römisches Mauerwerk. 2003/2004 konnten dann im Innenhof des ehemaligen Café Simon mehrere Räume aus römischer Zeit angeschnitten werden, die nach dem Ankauf des Besitztums durch die Gemeinde Dalheim und nach dem Abriss mehrerer Dependenzen von Juli 2008 bis Dezember 2009 weiter ausgegraben wurden. Unter modernen und mittelalterlichen Gebäudestrukturen fanden sich insgesamt acht Räume des römischen Thermenkomplexes sowie ein Teil des von einem Säulengang umgebenen Außenbereiches der Anlage mit dem Ansatz der angrenzenden Bebauung im Osten.

Hypokaustpfeiler

Den südlichen Teil der Grabungsfläche nimmt die „palaestra “ (der für Sport und Spiel genutzte Außenbereich der Thermen) ein, die sich auch über die Grabungsgrenze hinaus erstreckt.

Porticussockel

Im Osten (zur ,J.-P.-Hentzen-Strooss’ hin) konnte eine Reihe von neun Pfeilerfundamenten der „porticus “ ausgemacht werden, die zu einem überdachten Laubengang gehörte. Die Badebecken der Thermen befanden sich im Nordwesten der Grabungsfläche und setzen sich im Bereich der Straßenkreuzung ‚Kettengaass / Hossegaass’ fort. Hier konnte das „frigidarium “ das Kaltbad mit Badebecken aus zwei Umbauphasen untersucht werden sowie ein kleiner Ausschnitt eines Raumes mit Fußbodenheizung, bei dem es sich möglicherweise um das „tepidarium “ (Laubad) der Thermen handelt. In einem weiteren Raum, der sich bis unter der ‚Hossegaass’erstreckt, fanden sich Objekte von herausragender Bedeutung: durch eine Inschrift des 3. Jahrhunderts, in der auch der Wiederaufbau der „porticus “ des Bades erwähnt wird, ist nun „Ricciacum “ als Name der römischen Siedlung in Dalheim endgültig bestätigt. Eine weitere Inschrift, eine Statue und diverse Kleinfunde lassen hier einen Weihebezirk im Thermenkomplex vermuten.

 

Haarnadeln

Die Grabungen brachten ein außergewöhnlich reiches Fundmaterial zutage, das Rückschlüsse auf die verschiedenen vor Ort praktizierten Aktivitäten erlaubt: Spielsteine und ein Würfel zeugen vom Freizeitcharakter der Anlage, eine Pinzette sowie mehrere Spatel und Sonden aus Bronze wurden für die Körperpflege verwendet. Die große Anzahl an Haarnadeln, Fingerringen, Armreifen, Perlen und Fibeln wurde wohl von den Badegästen während ihres Besuches verloren. Besonders aussagekräftig sind die 1700 gefundenen Münzen, die fast alle Schichten oder Befunden zugeordnet werden können und so eine recht präzise Datierung der verschiedenen Bau- und Nutzungsphasen der Anklage erlauben. Da die Auswertung noch nicht abgeschlossen ist, lässt sich derzeit nur sagen, dass das Gelände vom Ende des 1. bzw. Anfang des 2. Jahrhunderts an genutzt wurde und der Thermenkomplex bis etwa in die Mitte des 4. Jahrhunderts bestand, als das Gebäude einem Brand zum Opfer fiel.

Ressourcen

Text: Jean Krier

Foto: MNHA