1. Der römische Vicus in Dalheim

Auf "Pëtzel": Trümmerstätte einer römischen Landstadt 

Auf dem höchsten Punkt einer nach Südwesten hin sanft abfallenden Hochebene des Luxemburger Sandsteingebietes erstreckt sich südlich von Dalheim in der Flur „Pëtzel“ die Trümmerstätte einer römischen Landstadt („Vicus “), deren wissenschaftliche Erforschung bereits mit den Arbeiten des gelehrten Jesuitenpaters Alexander Wiltheim (1604-1684) einsetzt. Die inmitten fruchtbaren Ackerlandes gelegene Ansiedlung zog seit dem 17. Jahrhundert durch Aufsehen erregende Funde, so z.B. im Juni 1842 ein Schatzfund von 24000 Münzen aus konstantinscher Zeit, immer wieder das Interesse der Altertumsliebhaber auf sich. Erste großflächige Ausgrabungen wurden auf Anregung der damaligen Archäologischen Gesellschaft in Luxemburg bei Straßenbauarbeiten in der Mitte des 19. Jahrhunderts durchgeführt und zwischen 1851 und 1855 in drei ausführlichen Berichten publiziert. Die bedeutsamen Ergebnisse dieser ersten offiziellen Ausgrabungen regten in der Folgezeit zahlreiche Privatleute, unter ihnen der Dalheimer Notarschreiber E. Dupaix, zu unsachgemäßen Schatzgräbereien an. Das auf diese Art zutage geförderte, zum Teil ins Ausland verstreute, umfangreiche Fundmaterial  erlaubte es zwar, einen gewissen Einblick in die Geschichte der römischen Stadt bei Dalheim zu gewinnen, viele archäologisch wie historisch relevante Fragestellungen blieben aber ungeklärt.

Luftbild 1979

Prospektion 2007

Eine neue Phase in der Erforschung des römischen Vicus von Dalheim trat erst 1976 ein, als einerseits die Luftbildarchäologie einen großen Teil des Gesamtplans der Ansiedlung erschloss und anderseits der Luxemburger Staat mit dem Ankauf von Grund und Boden in der Flur "Pëtzel" die Voraussetzungen für systematische und großflächige Ausgrabungen schuf. So konnte das Luxemburger Museum zwischen 1977 und 1986 ein privates Wohnviertel, das an die Hauptstraße der Siedlung grenzt, vollständig untersuchen. Parallel zu diesen Ausgrabungsarbeiten wurde der Gesamtplan des Vicus im Sommer 1979 durch neue Luftbilder vervollständigt. Auch konnte 1982 in Dalheim selbst („Hossegronn“) ein Teilstück einer regelrechten Gräberstraße des Vicus ausgegraben werden. In nur 70 m Entfernung von diesen Gräbern kam es dann 1985, im felsigen Steilhang zwischen dem Plateau "Pëtzel" und dem Dorf im Tal, zur Entdeckung eines teilweise noch sehr gut erhaltenen gallo-römischen Theaters. Nach dem Ankauf des Geländes im  Jahr 1998, konnte das Theater in den Jahren 1999 bis 2003 und 2007/2008 vollständig freigelegt werden. Von 1986 bis 1998 wurden die archäologischen Untersuchungen im Tempelbezirk des Dalheimer Vicus mit der Ausgrabung zweier außergewöhnlich großer Kultbauten fortgesetzt.  Bei Notgrabungen in Dalheim selbst wurde 2003/2004 und 2008/2009 ein Teilbereich der Thermenanlage des Vicus untersucht.

Auf der Grundlage der seit 1977 gewonnen Erkenntnisse sowie diverser geophysikalischer Messungen in den Jahren 1995, 2006, 2007 und 2010 ist es heute möglich, ein recht detailliertes Bild von der Ausdehnung, dem Aufbau und der Geschichte des römischen Vicus in Dalheim zu zeichnen.

Ressourcen

Text: Jean Krier

Foto: MNHA