8. Götter und Kulte

Ricciacum: Ein bedeutendes religiöses Zentrum

Jupiter Louvre

Seit den Funden aus Mitte des 19. Jahrhunderts und besonders seit den Ausgrabungen des Notarschreibers E. Dupaix von 1863/64, die nicht nur zur Freilegung eines seltenen Achtecktempels führten, sondern auch zwei einzigartige Bronzestatuetten von Jupiter und Minerva ans Tageslicht brachten, ist bekannt, dass die römische Ansiedlung von Dalheim auch ein bedeutendes religiöses Zentrum im Süden der Civitas der Treverer darstellte. Kein anderer Vicus in Nordost-Gallien hat bisher eine solche Vielfalt an Zeugnissen der Götterverehrung geliefert wie derjenige von Dalheim.

Nachdem die Luftbildarchäologie in den Jahren 1976 und 1979 gezeigt hatte, dass der ganze nord-östliche Bereich des Vicus auf dem Plateau von einem größeren Tempelbezirk

Minerva Groupe

 eingenommen wird, konnte zwischen 1986 und 1998 die Parzelle untersucht werden, die unmittelbar südlich an die Grabung von 1863/64 angrenzt. Diese Ausgrabungen ermöglichten nicht nur die Freilegung zweier ungewöhnlich großer Tempelgebäude aus hadrianischer Zeit (um 130 n.Chr.), sie zeigten auch, dass an gleicher Stelle bereits in vespasianischer Zeit (71 n.Chr.) zwei typische gallische Umgangstempel errichtet worden waren. Trotz zahlreicher interessanter Aufschlüsse zu den Kultgebräuchen in römischer Zeit, haben die bis in die Mitte des 3. Jahrhunderts genutzten Kultbauten bedauerlicherweise die Namen der darin verehrten Gottheiten nicht preisgegeben. 

Aedikula Matrone

Aufgrund des vorliegenden Fundmaterials (Statuetten aus Bronze, Stein und Ton sowie andere Votivgaben) zeigt sich mehr und mehr, dass in Dalheim eine der Hauptkultstätten der Minerva-Verehrung im nordgallischen Raum bestanden haben muss. Ingesamt kann gesagt werden, dass mit Minerva, Merkur und Epona das religiöse Leben in Dalheim von drei Gottheiten dominiert wurde, die in einem gewissen Sinn die primäre Funktion des Vicus als Handwerker- und Händlersiedlung sowie Straßenstation an einer wichtigen römischen Verkehrsachse illustrieren. Zumindest von der zweiten Hälfte des 2. Jahrhunderts bis zu den Germaneneinfällen im 3. Jahrhundert spielte auch der Kult des Jupiter Optimus Maximus eine große Rolle im Dalheimer Kultgeschehen. Daneben wurden noch Mars, die Di Casses, Fortuna, Ceres, Vesta, Victoria, die Fortuna Nemesis sowie verschiedene Muttergottheiten verehrt.

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Text: Jean Krier

Foto: MNHA